Ein Golfball.

Stell dir vor, du bist ein Golfball. Nicht nur irgendein Golfball, sondern genau ein solcher, welcher in der Olympiaregion Seefeld das Weite suchen darf. Stell dir vor, wie du von einem Golfspieler sanft auf den Abschlag vorbereitet wirst. Er redet dir ein wenig gut zu, ehe er dich mit voller Wucht in die Ferne befördert. Schließlich platziert er dich am Abschlagplatz. Du liegst nun da, ohne zu wissen was passiert, schließlich ist es dein erster Tag als Golfball. Allerdings bist du guter Dinge. Guter Dinge, dass alles glatt laufen wird. Und bei einem Blick auf die umliegenden Gipfel bist du dir sicher, dass gar nichts schief gehen kann. Während du in der saftigen, lecker-duftenden Wiese liegst stechen dir unterschiedliche Sachen ins Auge. Sachen, welche du zuvor weder sehen noch erahnen konntest. So zum Beispiel ein Klee. Beim Erblicken dieses Klees denkst du dir, dass dir dies bei deinem Jungfernflug als Golfball Glück bringen wird. Daraufhin schaust du ein wenig nach rechts und siehst, dass du direkt neben einer Biene liegst. Beim Erblicken dieser Biene denkst du dir, dass dir jene Tipps fürs Fliegen geben könnte, schließlich ist sie eine erprobte Fliegerin. Daraufhin geht dein Blick nach vorne. Plötzlich siehst du so viele kleine Erdbewohner, welche dir erst bei näherer Betrachtung des Rasens auffallen. Beim Erblicken dieser Erdbewohner denkst du dir, dass dich jene nach deinem Flug sanft auffangen könnten. Und irgendwie scheint dir jetzt auch noch die Sonne ins Gesicht. Mensch, du bist einfach nur glücklich und fühlst dich heimelig. Es ist so wunderbar idyllisch, dass du fast vergisst, ein Golfball zu sein. Und zack, da fällt es dir wieder ein: du bist immer noch ein Golfball. Und dir steht ein Abschlag bevor. Der zweite Gedanke führt nun dazu, dass du wieder ein wenig Anspannung verspürst. Du fühlst dich immer unwohler. Daran ändert leider auch der wohltuende Sonnenstrahl, der glücksbringende Klee, die flugerprobte Biene und die kleinen Erdbewohner nichts. Unterm Strich bist du nämlich auf dich allein gestellt. Doch dank deiner Beobachtungen weißt du, dass du das nicht bist. Deshalb sagst du dir noch ein letztes Mal: Es kann nichts schief gehen. Ich bekomm Hilfe von allen Seiten. Und der Schmerz des Abschlags wird schon bald vorbei sein. Plötzlich merkst du jedoch, dass es nun ernst wird. Du siehst, wie sich der Boden bewegt. Deine Anspannung steigt ins Unermessliche. Du bist unfassbar nervös, da es deiner Meinung nach jetzt Zeit für den Abschlag ist. Doch, irgendwie liegst du immer noch da. Die Sekunden fühlen sich nun wie Stunden an. Schließlich hörst du wie sich der Golfspieler bereit macht. Du hörst es. Du weißt, dass es jetzt gleich passiert. Du machst dir richtig ins Hemd und würdest dir jetzt am liebsten noch zwei Beine wachsen lassen. Du würdest jetzt alles Geben, um dem bevorstehenden Abschlag aus dem Weg gehen zu können. Trotz aller Angst bist du jedoch immer noch positiv. Du sagst dir, dass es bestimmt schlimmere Orte für seinen ersten Tag als Golfball gibt. Doch nun wirds tatsächlich ernst, trotz all deinem Optimismus siehst du nun anhand des Schattens wie sich der Golfschläger auf dich zu bewegt. Du atmest durch und sagst dir: „Jetzt bloß nicht die Nerven wegwerfen!“, wohlwissend, dass das ist natürlich leichter gesagt als getan ist, schließlich rauscht nun ein Schläger mit voller Wucht auf dich zu. Deshalb machst du nun schon mal sicherheitshalber deine Augen zu…

… und dann … dann ist es passiert!

Du willst wissen was?
Nichts! Du bist unversehrt, dir ist gar nichts passiert.

Und nun willst du doch auch noch wissen warum dir nichts passiert ist. Stimmts?
Valdo sagts dir…

Vielleicht war es das Kleeblatt, welches dir Glück bescherte und dazu führte, dass der Golfspieler dich verfehlt hat.
Vielleicht war es die Biene, welche den Golfspieler genau im Moment des Abschlags mit einem Stich außer Gefecht gesetzt hat.
Vielleicht waren es aber auch die kleinen Erdbewohner, welche dich im Moment des Abschlags aus der Schussbahn genommen haben.

„Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Keiner weiß wann, wie und wo uns das Schicksal trifft. Und noch weniger wissen wir, OB es uns trifft!“ sagt Valdo beim Blick in seine Glaskugel.
Und damit könnte unser Valdo verdammt recht haben. Vielleicht sollten wir einfach mal wie der Golfball sein und selbst in Momenten der größten Bedrohung noch ein Auge für das Schöne haben und ans Gute glauben. Vielleicht ist es genau diese Herangehensweise, welche das Leben lebenswert macht. Und wenn es so ist, dann wohl besonders in Zeiten wie diesen.

Bildnachweis:
Olympiaregion Seefeld
Stephan Elsler